26. Juni

„Die CDU feiert an diesem Freitag ihren 75. Geburtstag.“ So steht es in der Süddeutschen  Zeitung am 26. Juni 2020 auf S. 4 unter der Rubrik „Aktuelles Lexikon“. Herzlichen Glückwunsch der Christlich Demokratischen Union zum 75.! Politische Parteien haben ja keinen „Geburtstag“ im eigentlichen Sinne: sie werden gegründet. Vor der Gründung aber steht die Idee, der Gedanke, das Vorhaben. Und da ist der 26. Juni wichtig für die Geschichte der CDU. „Sie bezieht sich dabei auf den Berliner Gründungsaufruf vom 26. Juni 1945.“ Der erste Bundesparteitag, auf dem Konrad Adenauer zum Vorsitzenden gewählt wurde, fand allerdings erst 5 Jahre später im Jahre 1950 statt. Da war das Grundgesetz in Kraft getreten und die Bundesrepublik Deutschland gegründet worden und die politischen Parteien eine besondere Verantwortung bei der Gestaltung der neuen „Bundesrepublik“ zugedacht worden. Von daher läßt sich über die genaue Geburtsstunde der CDU streiten.

„Sicher ist aber, dass die CDU zur erfolgreichsten Partei in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland geworden ist. (..) Eines der Erfolgsrezepte der CDU ist, dass sie sich von Anfang an als Volkspartei begriffen hat (…). Als Volksparteien werden gemeinhin Parteien bezeichnet, die programmatisch nicht nur spezielle Bevölkerungsgruppen (…) ansprechen wollen, sondern Wähler aus allen Gesellschaftsschichten, Konfessionen und Generationen. Und die dabei ein relativ breites Spektrum von Weltanschauungen zulassen.“

Der CDU ist das Jahrzehnte lang gelungen. Da waren zu meiner Jugend Anfang der 80er Jahre gewerkschaftliche Leute dabei, die der katholischen Soziallehre und einem dezidiert christlichen Ethos verpflichtet waren wie der ehemalige Arbeits- und Sozialminister Norbert Blüm, der kürzlich gestorben ist. Da waren aber auch deutlich rechtskonservative Leute dabei wie Alfred Dregger, der heute sicher der AfD zuzurechnen wäre. Alexander Gauland stammt aus diesem Dunstkreis der hessischen CDU, weshalb er diese Partei als  „bürgerlich“ etikettieren will. Es gab Zeiten, da fand diese deutlich rechte „Weltanschauung“ in der CDU eine Heimat. „Rechts von der CDU“ darf es keine weitere Partei geben“, das war lange Zeit Strategie der CDU. Die CSU versuchte mit bestimmten Positionen das Erstarken der AfD zu verhindern. Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Wähler bei solchen Versuchen lieber das Original wählen statt die Kopie. Deshalb hat die CSU umgeschwenkt und Markus Söder hat sich an die Spitze „grüner Vorstellungen“ gesetzt und zum Beispiel das Volksbegehren zum Bienenschutz erfolgreich integriert.  Er erhält inzwischen hohe Beliebtheitswerte – nach Angela Merkel.

Im Blick auf die andere viel ältere Volkspartei, die SPD, die allerdings erst mit dem „Godesberger Programm“ von 1959 zur „Volkspartei“ wurde, ist der Status seit einigen Jahren gebröckelt. Das Politbarometer des ZDF von heute sieht diese Partei bei unverändert 15 % Wählerzustimmung. (Dabei machen sie in der Großen Koalition durchaus eine gute Figur und haben konkrete Erfolge vorzuweisen!). Die Grünen liegen danach bei 19 % und die Linken bei 7 %. Das bedeutet: Das alternative politische Spektrum zur CDU hat sich ausdifferenziert. Nicht mehr nur die SPD ist eine politische Alternative für diese Wählerschichten, sondern auch die Grünen oder die Linke.

Gegenüber der Zeit, als ich politisch geprägt wurde, als es bis 1983 nur CDU, SPD und FDP gab, hat sich das Parteienspektrum stark differenziert und ist auf 6 Parteien angewachsen. Da ist es natürlich komplizierter geworden, politische Mehrheiten zu organisieren und sich politisch genau zu verorten. Die Lage ist unüberschaubar geworden. Frank-Walter Steinmeier denkt und handelt durchaus aus evangelischem Hintergrund heraus und ist politisch bei der SPD beheimatet wie Wolfgang Schäuble bei der CDU oder Karin Göring-Eckhardt bei den Grünen oder Bodo Ramelow bei den Linken.

Christen können also bei allen Parteien auf dem Hintergrund ihrer weltanschaulichen Überzeugung eine politische Heimat finden. Ich kann das gut nachvollziehen, denn als ich mich im letzten Jahr entschloß, mich nach der Familienphase im engeren Sinne parteipolitisch vor Ort zu engagieren, stellte sich natürlich die Frage, wo und in welcher Partei. Dass es die Grünen wurden, hängt mit ihrem klassischen Focus zusammen: diese Partei ist trotz ihrer sozialen Herkunft aus verschiedenen Bürgerbewegungen die Partei, die sich besonders auf die „grünen“ Themen Umwelt und Naturschutz konzentriert.

Knapp 40 Jahre nach Gründung der Grünen wird deutlich, dass die ökologische Frage zur Zukunftsfrage der Menschheit geworden ist. Hier ist konsequentes und klares Handeln nötig. Das ist mir jedenfalls ganz deutlich. Und deshalb habe ich mich für die Grünen entschieden und am Wahlprogramm für Westerkappeln aktiv mitgearbeitet. Denn die Umwelt wird natürlich auch durch das Verhalten „vor Ort“ geschützt oder geschädigt. Wie der/die Einzelne denkt und sich verhält, das ist wichtig für den Schutz der Umwelt. Nur ein „weniger“ kann hier noch helfen: weniger fliegen, weniger Fleisch essen, weniger Auto fahren, weniger Co 2 „verbrauchen“.

Dem „weniger“ entspricht dabei einem „mehr“: die schönen Gegenden Deutschlandes entdecken, langsamer, mit dem Fahrrad zum Beispiel, entschleunigt. Wir leben (noch) in einem wunderschönen und vielfältigen Land. Wenn es so bleiben soll und dieses fruchtbare Land nicht klimatisch „verwüsten“ soll, müssen wir alle anfangen, anders zu leben: bewußter, nachhaltiger. Diese Erkenntnis setzt sich auch in der CDU durch, natürlich! Und der Kommentar von Dietmar Strecke zu meinen Überlegungen via facebook zeigt das. Ich nutze facebook nicht und Martin hat ihn mir zugesandt. Ich freue mich über Austausch und Reaktionen und darauf, demnächst mit ihm mit der Tecklenburger Nordbahn nach OS zu fahren, und wir reden darüber, wo man sein Rad dort am besten „zur Inspektion“ geben kann. Wo sonst kommt man so gut ins Gespräch wie im Zug. Im Auto jedenfalls nicht; da steht man isoliert und jeder für sich im Stau.  Dietmar Strecke ist auch bei Eden 2020 dabei, ebenso wie Winfried Raddatz. So war es ja auch gedacht: als ein parteiübergreifendes, sinnvolles Projekt für Westerkappeln.

Am 26. Februar wurde der Verein gegründet, mit dem 26. Juni hat das „Café Eden“ im Außenbereich auf dem Kirchplatz in Westerkappeln seinen Betrieb aufgenommen. Täglich von 15.00 bis 17.30 Uhr kann man da zusammen kommen, sich treffen und diskutieren. Heute war also die erste „Schicht“. Es war warm auf dem Kirchplatz (und anderswo), zu warm.

Im Radio auf WDR 5 hörte ich, dass es in den Städten durch versiegelte Flächen zu sog. „Wärmeinseln“ kommt: das sind Gebiete in Städten, wo sich die Flächen aufheizen und die Hitze reflektieren, so dass es bis zu 8 Grad wärmer wird als auf dem Land. Wenn der Wetterbericht 32 Grad vorhersagt, ist es in den Städten 40 Grad. Da läßt sich dann nicht mehr gut leben…

Heute sah ich übrigens beim Abbau der Tische und Stühle auf dem Kirchplatz, wie sich Menschen mit Migrationshintergrund (schreckliches Wort: also einfach so: Menschen) an der Mauer der Stadtkirche niederließen – Frauen mittleren Alters mit weißen Kopftüchern und kleinen Kindern. Sie hielten sich buchstäblich „im Schatten der Kirche“ auf und fanden dort am östlichen Chorraum Schutz vor der brennenden Sonne. Es war ein schönes Bild, geradezu idyllisch. Kirchen sind immer schon auch zum Schutz gebaut für Menschen.

Schön war auch zu sehen, wie Kinder sich am Wasserspiel auf dem Kirchplatz erfrischten und erfreuten. Da war „Leben auf dem Platz“. Es waren viele Menschen da – wie gesagt, deutlich erkennbar mit Migrationshintergrund. Aber was hat das schon zu sagen? – Sie gehören zu uns. Sie leben und wohnen in Westerkappeln. Sie arbeiten hier und kaufen hier ein. Der Kirchplatz ist im besten Sinne öffentlicher Raum – Raum zur Begegnung. Jetzt bleibt zu hoffen, dass auch die alteingesessenen Westerkappelner die Kirche und den Kirchplatz als „ihren Ort“ erkennen u d (wieder) entdecken, wo Menschen sich friedlich begegnen, voneinander etwas erfahren, auch über Hintergründe des Lebens – sozusagen – eine Hommage an die CDU zum 75, – ein Platz allen Volkes: aller Konfessionen und Religionen, aller Generationen, aller „Milieus“.

Als Menschen verbindet uns ja eines: Wir alle wollen leben, in Frieden, in Freiheit, in einer schönen Umgebung. „Westerkappeln“ hat das. Es darf gern noch ein bißchen mehr sein und besser werden. Daran arbeiten wir, alle politischen Parteien und die in ihnen engagierten Personen hier am Ort. Zu unserem Glück!

Von daher dürfen wir uns heute selber ein wenig „beglückwünschen“ – und im Wahlkampf auch „beharkeln“. Das gehört dazu. Die CDU weiß das aus langer Erfahrung. Im Wahlkampfmodus wird immer auch ein wenig zugespitzt und jede Partei kämpft um Stimmen. Das muß so sein. Das ist „Demokratie“. Die beste aller Organisationsformen von „Herrschaft“. Sie ist zeitlich begrenzt und muß sich zu jeder Wahl neu stellen und legitimieren.

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