7. August 2020

Gestern Morgen mit dem Rad in Büren. Ich stoße von der Ostlandstraße auf die Bergstraße und sehe gleich drei große Plakate: Zuerst, in riesigen Buchstaben: „Familienmensch“. Gemeint ist Matthias Himmelreich. Ein überwältigend schöner Name: Himmelreich. Er ist der SPD-Landratskandidat.

Ein wenig weiter auf der anderen Straße wünscht mir ein freundlicher Herr im Kanu „Schöne Ferien“. Das Plakat kenne ich schon länger aus Westerkappeln: der CDU-Kandidat Krümpel wirbt mit dem Boot und schönen Ferien.

Und die Dritte im Bunde: Birgit Neyer, die Kandidatin der Grünen. „Zukunft machen“ ist da der Slogan (ich schrieb schon darüber). Auf dem Rückweg nach Westerkappeln sah ich dann mich selbst neben Birgit: „mit Kompetenz und Erfahrung. Gleich dahinter Annette Große Heitmeyer: „erfolgreich weiter“. Und nochmal Matthias Himmelreich: „Klimaschützer“. Es ist schon seltsam, sich selbst auf einem so großen Plakat zu sehen. Nun gut, muß sein, sagen die Fachleute. Also ist es so.

Für uns GRÜNE werben in Westerkappeln 6 große Plakate. Wir haben auf kleine Plakate an den Laternen verzichtet. Wir hoffen, dass uns GRÜNE trotzdem Menschen wahrnehmen und wählen – und zwar mit und wegen eines überzeugenden politischen Programms.

„Keine Angst vor 16-jährigen“ titelt die aktuelle ZEIT auf Seite 1. „Wer meint, 16jährige seien politisch nicht mündig, hat womöglich länger nicht mit ihnen gesprochen. Die Jugend ist politisierter denn je.“ Hintergrund ist die Diskussion um das Wahlalter bei Bundestagswahlen: Grüne und SPD wollen es auf 16 wie bei Kommunalwahlen absenken, die CDU/CSU ist dagegen. „Aber warum? (…) Mehr als mangelnde Reife fürchtet die Union wohl, dass die Jungwähler den Grünen zuströmen. Laut Forsa würden sie bei der nächsten Bundestagswahl zu 42 % grün wählen, fast doppelt so viele wie die CDU/CSU bekäme.“

„Wie man diese Generation erreicht, verraten mehrere Jugendstudien. Es kommt auf Klima- und Umweltpolitik an.“ (Junge Menschen sind grün, aber keine Revoluzzer, von Maximilian Probst, Die ZEIT vom 6- August 2020, S. 1) Tatsächlich sind die GRÜNEN bekannt dafür, sich dieser Themen anzunehmen, nicht erst seit ein paar Monaten.

In derselben Ausgabe findet sich ein Artikel über das Wasser: „Wo ist mein Wasser?“ (von Dirk Asendorff, Seite 31)

Der Autor erklärt, dass Deutschland ein nasses Land ist, „von der Natur gesegnet mit ausreichend Regen“. Und trotzdem stellt Andreas Marx, der Leiter des Dürremonitors am Leipziger Umweltforschungszentrum, fest: „Der Gesamtboden war noch nie so trocken wie heute.“

Was wie ein Widerspruch erscheint, läßt sich erklären; Das widersprüchliche Phänomen „liegt an einer Verschiebung der Wetterlagen, die besonders die Landwirtschaft aus dem Takt bringt. Die Winter werden tendenziell nasser, die Sommer – und damit zentrale Phasen der Vegetationsperiode – trockener. Vor allem die Zahl der Hitzetage nimmt deutlich zu. Und das hat Konsequenzen. Denn mit der Temperatur steigt die Verdunstung – und zwar exponentiell. Die Atmosphäre lädt sich mit Wasser auf. Wenn sie sich entlädt, geschieht das häufiger als früher in Form von Starkregen (..) In kurzer Zeit fällt mehr Niederschlag, als der Boden aufnehmen kann.“

Die Problematik ist menschengemacht, wie der Autor an einem Beispiel zwischen Weser und Ems aufzeigt, Der Nordwesten Deutschlands hat eigentlich genug Regen. Jahrhundertlang haben die Menschen hier den moorigen Boden entwässert, damit das Vieh auf den Wiesen grasen kann. „Doch die Tiere stehen mittlerweile meist im Stall, gemästet mit importiertem Kraftfutter. Und draußen welkt die Wiese.“ Und das, obwohl es im Februar „300 Prozent des üblichen Niederschlags“ gab, wie der Geschäftsführer des dortigen Wasserverbandes mitteilt. „Im April hatten wir dann überhaupt keinen Regen, und die Bauern fragen: Wo ist mein Wasser?“ –

Die Antwort: Es wurde durch die Vielen Schöpfwerke in die Nordsee gepumpt, die es schaffen, 3,5 Milliarden Liter Wasser in zwei Tagen zu entfernen. So entsteht der Irrsinn: „Während die Entwässerungstechnik seit Jahrzehnten zuverlässig arbeitet, sieht man im eigentlich nassen Nordwesten bereits erste Regenkanonen auf den Feldern“.

Warum? Die Antwort lautet: „Die Bauern wollen nicht ständig nasse Wiesen. Am Ende des Winters, wenn der viele Regen fällt, brauchen sie eher trockenes Land. Sonst versinken ihre Traktoren mit den schweren Tankwagen im Matsch. Dann kann die Gülle nicht aufs Feld. Das muß sie aber, denn nach dem Winter, in dem das Ausbringen verboten ist, laufen sonst neben den Ställen die Tanks über.

Wird die Gülle auf den Wiesen verteilt, entsteht das nächste Problem. In den Tierexkrementen steckt der mit dem Kraftfutter importierte Stickstoff, der sich im Boden als Nitrat anreichert, Und inzwischen so sehr, dass die Trinkwasserversorgung leidet.“ Der Oldenburger-Ostfriesische Wasserverbund muß neun seiner Brunnen schließen, „weil im geförderten Wasser zu viel Nitrat oder Pflanzenschutzmittel stecken.“ –

Kann man sich vorstellen, dass angesichts einer solchen Problemlage und der Zusammenhänge, um die wir wissen, die Forderung der GRÜNEN, eine andere, ökologisch ausgerichtete Landwirtschaft zu betreiben, sinnvoll ist? – Denn die Probleme, die die Landwirtschaft bereits hat und die noch mehr werden, hat diese Art der „konventionellen“, also der üblichen und seit Jahrzehnten entwickelten „traditionellen“ Landwirtschaft , selbst produziert.

Betroffen von dieser Problematik ist auch ein industrieller Großbetrieb der Region, die Großmolkerei Ammerland. „Zwei Milliarden Liter Milch (!!) werden hier im Jahr (…) verarbeitet. Damit verbraucht das Unternehmen 1,3 Milliarden Liter Wasser, die Menge hat sich in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt.“ Aber auch der private Wasserverbrauch steigt wieder – zum Beispiel durch Gartensprenger. Es regnet ja nicht mehr, da will der Rasen besprengt werden…. Die Wasserversorger bräuchten neue Wasserwerke, die aber nicht genehmigt werden, da auch sie ihre eigene ökologische Problematik haben. Nun konkurriert also „die Trinkwasserförderung mit dem Naturschutz und die Interessen von Waldbesitzern, Landwirten oder Wassersportlern, denn jede Wasserförderung (hat) Folgen: Grundwasserspiegel sinken ab, Tümpel verschwinden, Bäume geraten in Trockenheit, Bäche versiegen.“

Das ist ein Beispiel aus Niedersachsen. Gegen Ende des Artikels wird der Hydrologe Matthias Schöniger zitiert. Er ist Wasser-Wissenschaftler (Hydrologe) und forscht an einem nachhaltigen und zukunftsweisenden Wassermanagement. Er ist frustriert. „In Niedersachsen ist die Agrarlobby noch stärker als die der Automobilindustrie.“ Sagt er.

Ich weiß nicht, wie es mit den Interessenverbänden im Kreis Steinfurt oder in Westerkappeln ist. Ich befürchte, es ist nicht so ganz anders. Und ich habe den Eindruck, dass wir auch bei uns in der Region Probleme haben und den Grund für diese Problemlagen gar nicht so genau kennen wollen. Es ist einfacher, von den unvorhersehbaren Launen der Natur oder dem Schicksal zu reden, als eigene Schuld eingestehen zu müssen und denken zu müssen: der Mensch ist verantwortlich für die Klimakrise, die Wetterlage, die Trockenheit, die Ernteausfälle….

Die GRÜNEN in Westerkappeln setzen sich für eine andere Art der Landwirtschaft ein. Natürlich müssen da auch die Verbraucher mitziehen, also die Bürgerinnen und Bürger. Denn in einem haben die Landwirte recht: Sie arbeiten für uns. Wenn wir mit ihrer Arbeit nicht zufrieden sind, dann müssen auch wir unser Verhalten ändern. Deswegen plädiere ich für eine ökologische Landwirtschaft und für ein ökologisches Einkaufsverhalten. Alles andere führt in die Katastrophe. Erste Anzeichen nehmen wir seit Jahren wahr. Hoffentlich wissen wir die Alarmsignale zu deuten und entsprechend darauf zu reagieren, persönlich, gesellschaftlich und politisch.

Ich würde als Bürgermeister auf jeden Fall mit den Landwirten in Westerkappeln ins Gespräch kommen wollen und mit ihnen die Möglichkeiten einer anderen, weniger auf Wachstum ausgerichteten, dafür erträglicheren und nachhaltigeren Landwirtschaft, diskutieren. Immerhin: einige ökologisch wirtschaftende Betriebe gibt es auch in Westerkappeln. Wieligmann in Sennlich als Biolandbetrieb schon lange, Heitling in Seeste seit gut zwei Jahren als zertitifizierter Demeterbetrieb. Was ich höre, erfüllt Angelika Heitling  die neue Art zu wirtschaften, mit Freude. Wenn sie mir ihre Tiere zeigt und wie sie leben, freue ich mich mit. Ich höre auch, dass in Westerkappeln mehrere Betriebe sich der ökologischen Landwirtschaft öffnen wollen. Das werden wir GRÜNE unterstützen.

Am 20. August besuchen wir als GRÜNE den Hof von Heitlings, gemeinsam mit Norwich Rüße, dem Landtagsabgeordneten der GRÜNEN aus Steinfurt. ER „wurde 2010 in den Landtag NRW gewählt und ist Sprecher für Landwirtschaft, Natur-, Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz. Er ist auf dem elterlichen Bauernhof groß geworden und betreibt diesen heute selbst. Zu den GRÜNEN kam er durch kommunale Umweltinitiativen.“

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