28. Juli 2020 28. Juli 202028. Juli 2020 Heute morgen bei WDR 5: Heiner Monheim, Verkehrswissenschaftler aus Trier ist im Gespräch mit dem Moderator. Er setzt sich für Tempo-30 Zonen auch bei Durchgangs- und Landesstraßen ein, weil dann die Fahrbahnbreite reduziert werden kann und mehr Platz ist für GRÜN und breitere, sichere Rad- Und Fußwege. Dazu paßt, was ich in den letzten Tagen gelesen habe. „Rad voran“ von Ulrich Stock, in DIE ZEIT Nr. 31 vom 23. Juli 2020, Seite 20. Denn ein Wirtschaftszweig immerhin leidet nicht unter der Coronakrise, im Gegenteil: viele Menschen haben in dieser Zeit die Vorteile des Radfahrens entdeckt und wollen neue Räder kaufen. Michael Schäfer, seit 37 Jahren Fahrradhändler, berichtet: „Leute, die ewig auf keinem Rad mehr gesessen hätten“, kamen in Scharen in seinen Laden und – „Großes Staunen über zuverlässige Bremsen, kraftvolles Licht und: Wie leicht sich das fährt!“ – „Solche Erfahrungen ähneln denen anderer Fahrradhändler, nachzulesen in vielen Lokalzeitungsberichten.“ Das Fahrrad ist seit Jahren schon wieder groß in Mode, nur noch nicht überall. In Städten ist es längst das bevorzugte Verkehrsmittel, weil es am schnellsten ist. Traurige Begleiterscheinung: mehr Unfälle mit Schwerverletzten und Toten. Die Radfahrer sind halt „schwächer“ als große Autos und LKWs. Michael Bollschweller ist seit 23 Jahren Redakteur der Zeitschrift „Radmarkt“, die seit 1886 existiert. Er sagt, dass die Nachfrage nach E-bikes „schon vor Corona stark zugenommen habe. So seien 2017 in Deutschland um die 720 000 E-bikes verkauft worden, im Jahr darauf 980 000 Exemplare, 2019 dann 1,36 Millionen“. Nach Gründen für diese rasante Entwicklung befragt, meint er: „Das E-bike, anfangs als Seniorenrad verspottet, dient vielen Pendlern zur Bewältigung eines täglichen Arbeitsweges, der ihnen ohne Unterstützung zu weit wäre. Mahr und mehr Radler fahren den Winter durch, seit es kaum noch schneit oder friert.“ Dass das Radfahren „in“ ist und angesagt und das Auto und die Automobilität weiter in die Krise fährt, ist angesichts der Klimakrise unausweichlich. Eindrucksvoll wird das in einem ZEIT-Gespräch in derselben Ausgabe der ZEIT deutlich, wo eine 20jährige Berlinerin in Streit gerät mit dem Ministerpräsidenten, der für Hunderttausende von Arbeitsplätzen in Baden-Württemberg zuständig ist, Winfrid Kretschmann. Er sieht in dem Gespräch „richtig alt“ aus und „von gestern“. Zurück zur Zukunft und dem Rad. Bollschweller benennt „den wunden Punkt des Booms: In Deutschland fehlt es – bei einem geschätzten Bestand von 76 Millionen – nicht an Rädern. Es fehlt an Wegen.“ Im ländlichen Westerkappeln fehlt es außerhalb des Zentrums nicht an Wegen, sondern an guten Wegen, auf denen Räder schnell vorankommen, weil der holprige Untergrund sie daran hindert. Ich habe es ja schon mal geschrieben: Wenn man die Strecke nach OS ausbauen will, dann stehen mit dem Napoleondamm und dem Sennlicher Weg zwei attraktive Strecken zur Verfügung, deren Oberflächen-Qualität allerdings verbesserungsfähig ist. Auch nach Mettingen und nach Velpe kommt man schon ganz gut. Über die Schwegfeldtstraße ist auch Lotte erreichbar, wenn auf die Straßenqualität geachtet wird und diese Wege als bevorzugte Fahrradwege ausgebaut werden. Prof. Heiner Monheim „teilt die Radfahrer in zwei Kategorien ein. Da seien die 20 Prozent Alltagsradler, die unerschütterlich aufs Rad steigen (…), um zur Arbeit zu kommen, einzukaufen, Freunde zu besuchen. Die anderen 80 Prozent laden ihr Rad ins Auto (..) um am Wochenende genußvoll durchs Grüne zu fahren – fernab vom Autoverkehr. In der Stadt steigen die Freizeitradler nicht auf: zu schmale Radwege, von Wurzeln aufgeworfen, Schlaglöcher auf den Straßen, Lebensgefahr im toten Winkel (…) Diese Probleme sind lange bekannt. Nur wurde ihre Lösung immerfort aufgeschoben.“ Wir GRÜNEN stehen dafür, dass die Lösung für diese Probleme beschleunigt wird. Wir haben da Bündnispartner in der SPD und CDU, die hier allerdings in der Vergangenheit nicht den nötigen Druck gemacht haben. Aber im SPD-Blog vom 22. Juli heißt es bei der SPD Westerkappeln: „Wenn wir das Klima schützen wollen, müssen wir unsere Mobilität verändern“. Das ist absolut richtig und sieht die CDU, wenn man auf ihre Anträge siegt, genauso. Von daher sollte es nach dem 13. September richtig abgehen bei der Lösung der Probleme. „Das Wichtigste im innerstädtischen Verkehr ist das Netz: breitere Radwege, von Autos getrennt, untereinander verknüpft, angebunden an Bus und Bahn mit sicheren Abstellmöglichkeiten.“ Das haben die Grünen im Wahlprogramm beschrieben und als kommunalpolitisches Ziel im Auge. Großartig, wenn ein grüner Bürgermeister darauf hoffen könnte, dass die anderen Parteien in dieser Frage gemeinsam mit den Grünen stimmen… – nicht, wie zuletzt regelmäßig, gegen sie. Der Verkehrsexperte „beklagt die Zuständigkeiten in den Kommunen: ‚Die Straßenverkehrsämter stellen Schilder auf, aber sie denken nicht in Netzen.“ Es fehlt den Beteiligten an einer Netzvorstellung. „‘So geht es nur millimeterweise voran. Die Millimeter sind wörtlich zu nehmen: Um jeden Stellplatz wird gerungen, als ob der öffentliche Raum auf ewig den Autofahrern gehöre und nicht allen Verkehrsteilnehmern.“ Im Zusammenhang der Realisierung von Eden 2020 wäre das Projekt fast daran gescheitert, dass wir uns in fünfstelliger Höhe von der Pflicht zum Nachweis von Auto-Stellplätzen hätten „loskaufen“ müssen. Damit wäre das Projekt gescheitert, bevor es begonnen hätte. Es gab dann eine maßgeschneiderte Lösung für den Verein. Dennoch ist es so, dass man sonntags beobachten konnte, dass 40 bis 50 Räder rund um das Eiscafé und das Sommercafé einen Platz zum Abstellen suchten. Das zeigt: eine gute Rad-Infrastruktur ist zukunftsweisend für Westerkappeln. Noch einmal eine Einschätzung aus der ZEIT: „Hier und da eine Fahrradstraße einzurichten, hält der Verkehrsexperte für völlig sinnlos. Es müßten Netze von Fahrradstraßen her, und die ließen sich zeitnah ausweisen, wenn man es wollte.“ Tatsächlich sollte Westerkappeln zügig in der neuen Ratsperiode an einem Rad-Verkehrskonzept arbeiten, das dieser umweltfreundlichen, gesunden, günstigen Form von Mobilität mehr Platz einräumt und den Umstieg auf`s Rad erleichtert: ob zur Arbeit oder zum Einkaufen im Ort. Sicherheit und Vorteile für Radfahrer, das ist innovativ und abgesagt. Der einseitige oder hauptsächliche Schwerpunkt auf Autoverkehr ist ausgehendes 20. Jahrhundert – also Vergangenheit. Wir sollten uns gemeinsam der Zukunft zuwenden und diese gestalten: fahrradfreundlich, nachhaltig und ökologisch wie ökonomisch sinnvoll. Es braucht dann Fahrradgeschäfte und Menschen, die Räder reparieren können, auch hier im Ort. (Hatten wir schon mal). Im grünen Haus beim westlichen Zugang (ehemals Krug) zum Kirchplatz kann man noch eine historische Ladeneinrichtung bestaunen – eines ehemaligen Fahrradgeschäftes! Manchmal kommt einem die Zukunft vertraut vor…. Zum Schluß: Mir ist schon klar, dass das Auto auch in Zukunft wichtig bleiben wird. Über Jahrzehnte hinaus wird es immer Gelegenheiten geben, wo die Nutzung des Autos sinnvoll ist. Aber diese Gelegenheiten werden immer weniger und das Auto wird immer häufiger stehen bleiben. Und zwar deshalb, weil sich das Rad einfach anbietet. Weil es gute Wege gibt und schnelle Verbindungen. Weil es Spaß macht, mit dem Rad zu fahren und kostengünstig ist und umweltfreundlich. Bei so vielen guten Gründen gerät das Auto automatisch ins Hintertreffen; ganz überflüssig wird es auf absehbares Zeit wohl nicht.