27. Juli 2020 27. Juli 202028. Juli 2020 Heute in sieben Wochen werden die Ergebnisse der Kommunalwahl bekannt sein. Wir GRÜNEN hoffen natürlich auf eine starke grüne Fraktion, auf mehr Gewicht (und also mehr Sitze) im Rat der Gemeinde Westerkappeln. Wir arbeiten dafür und werben darum. GRÜN wählen ist also eine angesagte und zukunftsweisende Option am 13. September. Auch in der Frage, wer Bürgermeister werden könnte, sieht Westerkappeln dann ein bißchen klarer, weil ein Kandidat oder die Kandidatin, die sich um das Amt bewerben, aus dem Rennen ausgeschieden sein wird. Danach wird es für zwei Wochen einen Zweikampf geben, bis am 27. September bei der Stichwahl endgültig entschieden wird. Ob ich dann noch dabei bin… – wird man sehen. Das entscheiden Sie als Wählerin und Wähler. Damit Sie wissen, mit wem Sie es bei mir zu tun haben und das in Ruhe nachlesen können, wird im Laufe dieser Woche eine Broschüre im Briefkasten liegen, mit der ich mich Ihnen vorstellen und um Ihre Stimme werben möchte. Wenn ich nicht der Überzeugung wäre, dass ein grüner Bürgermeister Westerkappeln gut täte, würde ich nicht kandidieren. Wenn Sie Lust und Zeit haben, lesen Sie doch in Ruhe rein in das Heft – und nehmen gern auch Kontakt mit mir auf. Als Grüne setzen wir neben Ortsentwicklung und der Idee eines allgemeinen, also gesellschaftlichen Wohlergehens, vor allem auf ökologische Themen. Sie werden nämlich über das Wohlergehen von Menschen in der Zukunft mehr als alle anderen entscheiden. Deshalb im Folgenden dazu einige Überlegungen, angestoßen wieder durch einen Zeitungsbericht. Es gibt seltsame Wörter. „‘Ökosystemdienstleistungen – so lautet der sperrige Begriff für Dinge, die die Natur ganz automatisch tut, ohne dass sie einen Cent dafür verlangt.“ (Nora Ederer, in Süddeutsche Zeitung Nr. vom 25./26. Juli 2020, S. 31) Eine solche Öko-System-Dienst-Leistung ist es zum Beispiel, dass Niederschlag fällt, versickert und dabei gereinigt wird und irgendwann wieder an die Erdoberfläche gepumpt wird und getrunken werden kann. Oder dass Bienen, Hummeln, Fliegen, Wespen, Schmetterlinge „Bestäubungstätigkeiten“ erledigen, ohne dies der Menschheit in Rechnung zu stellen. „Ein deutsch-französisches Team aus Umweltökonomen und Biologen“ habe 2008 bereits eine Schätzung vorgenommen, wie hoch eine solche Rechnung ausfiele. Sie kamen auf 153 Milliarden Euro – pro Jahr! „Trotzdem ist klar: Bestäubung ist eine kostenlose Dienstleistung der Natur an den Menschen.“ Klar ist, dass sich die Leistungen der Natur für das Ökosystem und damit auch zugunsten des Menschen nicht genau berechnen lassen, sondern dass es sich um Schätzungen handelt. In einer Welt, die allerdings hauptsächlich auf wirtschaftliche Logiken abgestellt ist und entsprechend nur auf Zahlen reagiert, muß man das Unzählbare in Zählbares übertragen, damit das Problem überhaupt erkannt wird. Und das Problem ist: „Der Natur geht es schlecht. Und so wie eine kranke Mechanikerin nicht mehr alle Reparaturen an einem kaputten Fahrzeug durchführen kann, so gehen auch die Dienstleistungen der Natur an den Menschen zurück.“ In der Coronakrise haben wir gemerkt, wie wichtig Kitas sind; nicht nur für das soziale Lernen für Kinder, sondern auch für unser Wirtschaftssystem. Plötzlich gab es „systemrelevante“ Berufe. Menschen, die in so einem Beruf arbeiteten, durften ihre Kinder in die Notbetreuung der ansonsten coronabedingt geschlossenen Einrichtungen bringen. Andernfalls hätte ein „Systemversagen“ gedroht: wenn Ärzte nicht ins Krankenhaus hätten gehen können, weil sie zu Hause Kinder betreuen oder wenn LKW-Fahrer kein Klopapier in die Geschäfte hätten liefern können. Für die Natur und ihre Dienstleistungen ist uns ein entsprechendes Szenario nicht bewußt. Und doch hatte 2001 der damalige UN-Generalsekretär Kofi Anan bereits eine großangelegte Studie in Auftrag gegeben, „die Politikerinnen und Politikern zum ersten Mal einen systematischen Überblick über den Zustand der 24 wichtigsten Ökosystemdienstleistungen vermitteln sollte. Vier Jahre später stand fest: Rund 60 Prozent, also 15 der 24 Ökosystemdienstleistungen werden nicht nachhaltig genutzt oder gehen bereits zurück, darunter etwa die Versorgung mit ausreichend Trinkwasser, (…) saubere Luft und die natürliche Schädlingskontrolle.“ Aber erst 2019 bemerken wir als Menschen die Plage des Eichenprozessionsspinners im Lebensalltag – eine Folge des Rückgangs der Dienstleistungen, die die Natur erbringt. Dieser Zusammenhang führt dazu, dass sich inzwischen immer mehr politische Institutionen für das Thema interessieren. So beauftragte z.B. die EU-Kommission oder das Umweltbundesamt „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Leistungen der Natur in Geldbeträge zu fassen.“ Hier geschah also das, was FDP-Chef Lindner neulich den jungen Menschen, die sich bei „fridays for future“ engagieren, empfahl: in Sachen Umwelt die Experten ranzulassen. Und, klassisches FDP-Denken – Leistung muß sich lohnen – die Leistungen der Natur in Geldbeträgen auszudrücken. Wieder aber gibt es eine Schwierigkeit, denn: „Wie bestimmt man den Wert von etwas, das eigentlich unbezahlbar ist?“. Wie soll man selbst annäherungsweise durch eine Schätzung einer Leistung einen Wert beimessen, die tatsächlich unschätzbar wertvoll ist? „‘Es ist ein Dilemma‘, sagt Gretchen Daily“, Professorin für Umweltwissenschaften an der Uni Stanford „Sie war eine der Ersten, die in den 1990er Jahren damit begann, Biodiversität, Ökosysteme und deren Dienstleistungen als Wirtschaftsgüter zu bezeichnen, als Naturkapital, das in wirtschaftliche Überlegungen genauso einbezogen werden sollte wie Sach- oder Humankapital.“ So ergeben sich „Zahlenspielereien“, die dennoch etwas klar machen. Wenn z. B. ein Wissenschaftsteam „kleinere Berechnungen zum wirtschaftlichen Nutzen von 17 Ökosystemdienstleistungen“ vornehmen und kombinieren und „deren Gesamtwert auf durchschnittlich 33 Billionen Dollar pro Jahr“ schätzen, dann bietet das einen wichtige Anhaltspunkt. Denn dann ist eine Zahl da, mit der man arbeiten kann, wenn auch unter Vorbehalt. Aber so funktioniert Wissenschaft: immer unter Vorbehalt. Trotzdem sind „33 Billionen Dollar ein konkreter Wert, mit dem man arbeiten kann. Er läßt sich vergleichen und kontextualisieren.“ Denn 33 Billionen Dollar war in den 90er Jahren etwa das Doppelte „des damaligen globalen Bruttoinlandsprodukts. Das bedeutet im Umkehrschluß: Wären die untersuchten Ökosystemdienstleistungen weggefallen, hätte die Menschheit das Bruttoinlandsprodukt um mindesten 33 Billionen Dollar steigern müssen, um den wirtschaftlichen Verlust künstlich auszugleichen. Eine unmögliche Aufgabe, die zudem ignoriert, dass manche Leistungen bis heute nicht von Menschenhand oder mithilfe von Technologien ersetzt werden können.“ Was bedeuten aber diese komplizierten Überlegungen für politische Entscheidungen in Westerkappeln? Zunächst die Einsicht, dass ökologische Themen und deren Behandlung unmittelbar Folgen haben – allgemein für die Wirtschaft und dann auch für den Lebensalltag von uns Bürgern, und damit auch auf unser Geld. Wenn die Natur in einzelnen Bereichen ihren Dienst versagt, müssen wir das künstlich ausgleichen, so gut das geht. Das wird extrem teuer und in manchen Bereichen geht es gar nicht. Wird die Luft schlechter, nehmen die Atemwegserkrankungen zu. Ist das Grundwasser mit Nitrat belastet, wird die Zubereitung teuer und der Preis für Wasser steigt. Und wenn es sich zu einem Systemversagen ausweitet, ist das wie beim menschlichen Organismus: Droht ein Organversagen, besteht Lebensgefahr. Diese Überlegungen, so theoretisch sie auf den ersten Blick erscheinen mögen, werden immer wichtiger für unseren Alltag. Und die Folgen reichen bis nach Westerkappeln. Der Eichenprozessionsspinner – eine Folge zu warmer Winter – hindert uns z.B: daran, im Frühling unbeschwert Radtouren in kurzer Hose und im T-Shirt zu unternehmen. Augen und Haut jucken. Dann steige ich ins vollklimatisierte Auto – und es stört mich nicht. Durch das Autofahren schädige ich aber das Ökosystem weiter und reduziere die Dienstleistungen der Natur. Der künftig fehlende Regen führt zu Knappheiten bei der Ernte – und das führt zu höheren Preisen bei Gemüse, Kartoffeln und Getreide. Brot wird teurer. Wenn ich mir aber Gemüse z.B. nicht mehr leisten kann, lebe ich ungesünder und werde eher krank. Am Ende sterben wir eher. Das wollen die wenigsten Menschen. Deshalb wäre es gut und sinnvoll, umzudenken und anders zu leben. Dafür werben die Grünen und die beiden großen Kirchen seit Jahrzehnten. So hängt alles mit allem zusammen – meine berufliche Tätigkeit als Pastor und meine Kandidatur als Grüner für das Bürgermeisteramt in Westerkappeln.