4. September 2020

„Alles könnte anders sein“. Im Buch von Harald Welzer geht es um einen Streit: den Streit um die Wirklichkeit. Seine Hauptthese ist, dass die bestehende Wirklichkeit illusionär geworden ist: unrealistisch und zerstörerisch. Dem gegenüber ist ein „utopisches Denken und Handeln“ (293) zu etablieren: also „der Wirklichkeitsbehauptung des Mainstreams eine oder mehrere überzeugende Behauptungen entgegen zu stellen“. Dann wird plötzlich die bestehende Wirklichkeit porös und andere Möglichkeiten bekommen Kontur“. (293).

Ich behaupte also mit den Grünen, dass eine Änderung des eingeübten Verhaltens und eine innovative Politik mehr Lebensqualität schaffen. Lebensqualität bemißt sich nicht nach der Anzahl der Urlaube oder der Größe von Autos, sondern nach der Klarheit der Luft und der Schönheit des unmittelbaren Lebensumfeldes. Es könnte also sein, dass „die neuen Utopistinnen und Utopisten die ‚beautiful‘ people‘ werden und die, die wollen, das alles so bleibt, wie es ist, total aus der Mode kommen.“ (293)

Die Bürgermeisterin mit ihrem Motto „erfolgreich weiter“ so leidet so gesehen an einem Defizit: dem Mangel am Utopischen. Sie will eine Fortführung der Politik der letzten Jahre. Eben ein solches „weiter so“  bedeutet jedoch in Zeiten der Klimakrise einen Wirklichkeitsverlust, den Mangel an Realismus. Die politische Perspektive für die Zukunft wird geopfert zugunsten einer Verwaltung des Gegenwärtigen. Klar, das ist sehr grundsätzlich und in dieser Grundsätzlichkeit vielleicht auch ein wenig überzogen. Denn Annette Große-Heitmeyer wirbt mit diesem Slogan lediglich für eine zweite Amtszeit. Aber manchmal braucht es auch eine gewisse Klarheit und Radikalität im Grundsätzlichen, damit Politik die Möglichkeiten realisiert, die im Utopischen liegen und nicht nur eine Fortführung des Bestehenden betreibt, das schneller als gedacht „aus der Mode kommt“.

Denn jetzt kommt mit den jungen Leuten von fridays for future „eine neue politische Generation, eine neue Bewegung. Die wird einen neuen Sound des Politischen entwickeln, sich nach Spaß im Widerstand anfühlen, irritierend sein und insgesamt so, dass man zu denen gehören will, die diese Utopie zur Wirklichkeit machen.“ (294)

Darum geht es den Grünen in Westerkappeln und mir persönlich: die Wirklichkeit wahrzunehmen und sie stark zu machen. Es geht dabei nicht um die Wirklichkeit, die jetzt ist, sondern um die, die auf uns zukommt. Das ist jene Realität, die jetzt noch „keinen Ort“ hat und in diesem Sinne utopisch ist. Aber die positiven und verheißungsvollen Möglichkeiten des Utopischen zu realisieren und ansatzweise in Politik umzusetzen, das ist der Ansatz grüner Politik auch in Westerkappeln.

Ich hörte gestern auf WDR 5, dass eine Umfrage zur Kommunalwahl in NRW es für möglich hält, dass NRW „von einer grünen Welle“ erfaßt werde. Wuppertal, Bonn, Köln, Bochum und vielleicht sogar Dortmund hätten berechtigte Aussichten und Chancen, einen grünen Oberbürgermeister zu bekommen. In Köln und Bonn könnten die Grünen im Stadtrat zur stärksten Fraktion werden.

Westerkappeln wurde in dem Interview natürlich nicht erwähnt. Aber spannend ist es doch, ob so was auch bei uns in Westerkappeln denkbar wäre und sogar passieren könnte….

Ich kenne Menshcben (gar nicht so wenige), die wünschen sich das und können sich das vorstellen. Sie wünschen mir und den Grünen alles Gute. Natürlich weiß ich, dass es andere Menschen gibt, die das so auch über Winfried Raddatz und die SPD und Annette Große-Heitmeyer und die CDU sagen. Wie viele Menschen es am Ende werden für wen und für welche Partei, das entscheidet sich am 13.9. Das entscheiden die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Gesamtheit. Das ist Demokratie: Du entscheidest und Sie entscheiden über den zukünftigen politischen Weg in Westerkappeln!

Wer auch immer am 13. oder am 27. September in Westerkappeln zum Bürgermeister gewählt wird und wer auch immer die stärkste Fraktion im Gemeinderat werden wird, eine „grüne Welle für Westerkappeln“ wäre nicht das schlechteste, was unserem Ort passieren könnte.

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