27. August 2020 28. August 202030. August 2020 Das ist hart, was die IVZ heute berichtet: Frank Sundermann wirft der Bürgermeisterin gleichsam Personalführungs-Versagen vor, wenn er mit den Worten zitiert wird: ‚Der Personalkörper wurde nicht ordentlich gepflegt.‘“ Im Hintergrund stehen Zahlen, die die Westerkappelner in Sorgen versetzen. „43 Abgänge in sechs Jahren“ – so die Überschrift in der IVZ – das provoziere bei der Bevölkerung Fragen ‚mit dem Tenor: ‚Was ist denn bei euch im Rathaus los‘?“ – Tatsächlich habe ich beim Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern in Westerkappeln auch schon gehört, dass im Rathaus und auf dem Bauhof schlechte Stimmung herrsche und manch einer demotiviert und desillusioniert sei. Ich kann das nicht beurteilen und weiß aus meiner beruflichen Erfahrung, wie schwer es ist, mit solchen allgemeinen Aussagen zur Stimmungslage umzugehen. Die Bürgermeisterin erklärt den Wechsel der Hälfte der Belegschaft in ihrer Amtszeit mit einem Ausscheiden aus Altersgründen oder aufgrund privater Entscheidungen wie des Umzugs von Franziska Müller ins Rheinland. Auch attraktive finanzielle Angebote anderer Arbeitgeber könnten Gründe für einen Wechsel sein, so Annette Große-Heitmeyer nach Auskunft der IVZ. „Auch in Zukunft wird es wohl ein Kommen und Gehen im Rathaus geben, glaubt Große-Heitmeyer.“ Außerdem verweist sie darauf, dass im Haushalt bereits Ausgaben in Höhe von 20.000 Euro für ein Personalentwicklungskonzept eingestellt seien. „‘Die ganze Verwaltung steht auf dem Prüfstand‘, sagt deren Chefin.“ Das stellt Sundermann als Fraktionssprecher der SPD-fraktion im Rat nicht zufrieden. Der Artikel schließt mit einem Zitat von ihm: „Personal ist Chefsache. Dafür braucht man kein externes Gutachten. Man muß sich um seine Leute kümmern.“ Ich habe gerade im Bereich des Evangelischen Kirchenkreises und seiner Verwaltung eine externe Untersuchung miterlebt, in der die Mitarbeiterzufriedenheit abgefragt wurde und Möglichkeiten der Personalentwicklung geprüft wurden. Wie ich hörte, ist dieser Prozeß sehr fair und offen durchgeführt worden. Den Führungskräften wurden Probleme im Ablauf einer Verwaltung deutlicher, so dass sie bewußter darauf reagieren konnten, zum Wohle der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. So könnte beides richtig und wichtig sein: Natürlich hat der Chef oder die Chefin einer Verwaltung die Aufgabe, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut zu führen, sie zu motivieren, ihnen zuhören und ihnen etwas zutrauen. Moderne Führungskultur ist fehlertolerant und fördert eine offene Gesprächskultur. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind wichtige menschliche Ressourcen, deren Stärken man kennen und fördern muß. Die Delegation von Aufgaben und das Zutrauen in die Eigenverantwortlichkeit im jeweiligen Aufgabengebiet ist wichtig und setzt Vertrauen voraus. Ob und inwieweit eine solche Kultur im Rathaus Westerkappeln vorherrscht, kann ich von außen nicht beurteilen. – Ich kann nur sagen, dass – sollte ich zum Bürgermeister gewählt werden – ich das offene Gespräch mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern suchen werde und werben würde für eine externe Beratung, mit der wir im Kirchenkreis sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Von Westerkappeln zum „Weltgeist“: Herzlichen Glückwunsch Georg Friedrich Wilhelm Hegel zum Geburtstag, dem 250.! Heute vor 250 Jahren wurde der Philosoph in Stuttgart geboren. Dieser berühmte Denker, der Kant weiterdachte und sehr offen gegenüber dem Lauf der Welt war, versuchte, die Welt und die Wirklichkeit zu begreifen, und zwar unter der Annahme, dass vieles, von dem was passiert, doch vernünftig sei und dem Fortschreiten der Menschheit diene. So begrüßte er als 19jähriger die Französische Revolution 1789 und erhob danach jedes Jahr zum 14. Juli ein Glas Sekt auf die Revolution. Trotz aller offenkundigen Sympathie für die Revolution wird Hegel zum Teil als konservativer Staatsphilosoph verstanden. Ich lese Hegel heute durch die Brille von Stefen Martus, der seine wunderbare Würdigung Hegels mit der Überschrift „Energie des Begreifenwollen“ (Süddeutsche Zeitung Nr. 197, 27. August 2020, S. 12) versieht. Er beginnt seinen Bericht mit dem Satz: „Hegel zählt zu den Philosophen, die sich besonders interessant geirrt haben“. Im Hintergrund dieser Einleitung steht das Wissen um ein schnell und schludrig angefertigte Habilitationsschrift, die nötig war, um in Jena als Professor anheuern zu können. Martus kommentiert süffisant: „Die Wirklichkeit hielt sich nicht an Hegels Vorgaben.“ – Diese „Wirklichkeit“ änderte sich aber seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts rasant, und Hegel ist der Philosoph, der die vielen neuen „Wirklichkeiten“, die so schnell hervor schossen durch die Dynamik der einzelnen Wissenschaften, zu einem konsistenten Verständnis der Wirklichkeit und der Welt ausbauen wollte. Deswegen nahm der wichtigste Denker der Neuzeit, der seine Philosophie zu einem „System“ entwickeln wollte, „das Risiko in Kauf, sich auf positive Wissenschaften und konkrete Sachverhalte so zu beziehen, dass sich seine Aussagen relativ leicht empirisch überprüfen ließen“. Dabei konnte man sich leicht irren. Hegel nahm das bewußt in Kauf. Er tat das, weil er als Denker des Heute sich „auf dem Stand seiner Zeit befinden wollte“ und sich also zur ‚Welt“ verhalten mußte als „zu einem Bezugsrahmen, der immer weniger oder sogar gar keine Voraussetzungen mehr akzeptierte, die außerhalb seiner selbst waren.“ Die „Welt“ war sich selbst im Gefolge der Aufklärung zu „allem“ geworden und – sich von Gott und Kirche emanzipierend – „zu sich selbst“ gekommen. „Die Welt war nicht nur ‚imaginierbar‘, sondern durch Entdeckungen und Experimente (…) zunehmend auch ‚erreichbar‘ geworden. In diese Welt brach kein Phänomen von außen ein, auch keine neue Idee oder Erfindung. Man befand sich vielmehr grundsätzlich in Entwicklungen, die ihre Voraussetzung in anderen Entwicklungen hatten. Genau darauf zielte Hegels Zentralbegriff ‚Geist‘. Der Versuch, die Welt als Geistesgeschichte zu begreifen, muß von der zunächst ebenso schlichten wie in der Durchführung enorm anspruchsvollen Einsicht ausgehen, ‚dass schon vor uns gedacht wurde und wir uns die Welt nicht ausdenken, sondern uns bestenfalls in sie hinein denken können.‘“ Das finde ich ein großartiges Zitat, das auch als Maßgabe für kommunalpolitisches Engagement dienen könnte: Dann ginge es darum, sich in das Westerkappeln von Heute hinein zu denken und aus den dann gewonnen Einsichten heraus auszudenken, in welche künftigen Entwicklungen wir uns mutmaßlich hinein bewegen, um darauf politisch. Ökologisch und sozial reagieren zu können. Dabei sind Irrtümer nicht ausgeschlossen. So gesehen, mit Hegel betrachtet, könnte unser grüner Slogan „Gestalten statt nur verwalten“ eine gewisse Flughöhe gewinnen… Hegel wird dem Idealismus zugeordnet, ja er ist der berühmteste Vertreter des sogenannten „Deutschen Idealismus“. Jürgen Kaube, der ein Buch über „Hegels Welt“ geschrieben hat, meint: „Idealismus ist philosophisches Könnensbewußtsein.“ Also gehört ein pragmatischer Idealismus auch ins politische Tagesgeschäft, mit Bob, dem Baumeister gesprochen: „Können wir das schaffen“, die ökologische und soziale und städtebauliche Erneuerung Westerkappelns? – „Ja, wir schaffen das!“ GRÜN ist dabei eine wichtige Option.